Neue Wege der Kontaminationskontrolle bei Zellkulturen

Kris Wronski, EMEA-Anwendungsspezialist für Zellkulturen bei Thermo Fisher Scientific, erklärt die Gefahren unerwünschter mikrobieller Kontaminationen in Zellkulturlaboren und ihre direkten Auswirkungen auf das Zellwachstum und die Zellgesundheit insgesamt.

Die Folgen von Zellkulturkontaminationen auf die Ergebnisse

In vielen Laboren ist Kontamination ein häufig anzutreffendes Problem, und besonders in Zellkulturlaboren ist mikrobielle Kontamination ein ernstzunehmendes Thema.

Die meisten Labormitarbeiter tun ihr Möglichstes, um Zellkulturkontamination durch entsprechende Maßnahmen und Abläufe weitgehend zu vermeiden und so wertvolle Proben und sich selbst zu schützen. Unerwünschte Zellkulturkontaminationen können wichtige Attribute von Säugetierzellen beeinflussen und haben damit erheblichen Einfluss auf die Qualität der Versuchsergebnisse. Auch wenn sich Kontaminationsquellen nie ganz vermeiden lassen, helfen einige Schritte, bestimmte Kontaminationen von vorneherein auszuschließen oder zu reduzieren. „Mein Schwerpunkt liegt auf mikrobiellen Kontaminationen, bei denen unerwünschte Mikroorganismen in eine Säugetierzellkultur gelangen und die Versuchsergebnisse verfälschen. Viren zum Beispiel sind in Zellkulturen kaum zu erkennen, weil es keine visuellen Hinweise auf einen Virenbefall gibt. Außerdem haben sie keine Auswirkungen auf den pH-Wert des Zellkulturmediums. Darum sind virale Kontaminationen nur sehr schwer zu erkennen“, erklärt Wronski. Das bedeutet, dass es für Laborpersonal so gut wie nicht erkennbar ist, ob ein Versuch durch Viren kontaminiert wurde, und virale Kontaminationen schwierig zu händeln und zu kontrollieren sind.

Bakterien und Pilze sind die häufigsten Ursachen für Kontaminationen und breiten sich schnell in Zellkulturmedien aus. Das ist nicht erstaunlich, denn günstige Bedingungen für Säugetierzellkulturen begünstigen natürlich auch das Wachstum von Bakterien und Pilzen“, weiß Wronski. Zum Glück sind Bakterien- und Pilzkontaminationen in Zellkulturen recht gut zu erkennen. So zeigen sich einige Arten von Schimmelbefall häufig als Verklumpungen an der Oberseite der Säugetierzellkultur. „Die meisten Bakterien und Pilze führen recht schnell zum Absterben der kultivierten Zellen, weil sie zu einer Übersäuerung des Kulturmediums beitragen und schneller als die kultivierten Tierzellen wachsen. Sie verbrauchen alle Nährstoffe im Wachstumsmedium, so dass für die wertvollen Zellen nichts mehr übrig bleibt“, beschreibt Wronski den Vorgang.

"Die schwerwiegendste Art der Zellkulturkontamination ist ein mikrobieller Befall durch Mykoplasmen."

Mykoplasmen sind eine Gattung von Bakterien, die sowohl bei Menschen als auch Tieren zahlreiche Krankheiten verursachen können. Interessanterweise fehlt Mykoplasmen eine Zellwand um ihre Membranen und sie sind mit nur rund 0,1 µm Durchmesser die kleinsten selbstreplizierenden Organismen. „Mykoplasmen sind ein häufiger Grund für Zellkulturkontaminationen. Wenn man es genau nimmt, sind sie eigentlich Bakterien, was viele jedoch nicht wissen, weil sie viel kleiner als andere Bakterienarten sind. Darum können sie sich in einer Kultur auch so stark vermehren, ohne dass man sie sieht.“ Diese Bakterienart verursacht keine pH-Veränderung des Kulturmediums, weshalb Mykoplasmen-Kontaminationen bei vielen Versuchen unbemerkt bleiben. „Noch schlimmer an einer Kontamination durch Mykoplasmen ist, dass sie keine Zellwand besitzen und daher gegen die meisten Antibiotika resistent sind.“ Außerdem gelangen sie aufgrund ihrer geringen Größe manchmal auch durch Sterilisationsfilter. „Neben grundsätzlichen Anzeichen wie verlangsamtes Wachstum und schlechter Schnitt können Mykoplasmen Zellstoffwechsel und Morphologie der Zellen beeinflussen. Sie verursachen chromosomale Aberrationen und schädigen sogar Nukleinsäuren“, erklärt Wronski. Es überrascht also kaum, dass Zellkulturkontaminationen wesentlichen Einfluss auf die Versuchsergebnisse haben und für viele Forschungslabore und kommerzielle Einrichtungen, die anhand von Zellkulturprozessen neue Therapeutika und Produkte entwickeln, noch immer ein großes Problem darstellen.

Wie Kontaminationen ins Labor gelangen

Kontamination kann auf vielen Wegen ins Labor gelangen: Über die Mitarbeiter selbst, mangelhafte Labortechniken, defekte Behälter oder kontaminierte Laborgeräte. „Ich würde die Kontaminationsfaktoren im Labor in vier Bereiche gliedern: Verbrauchsgegenstände und Reagenzien, allgemeine Laborausstattung, Umweltfaktoren und sterile Arbeitstechniken.

Überraschend ist, dass Wronski auch die unsachgemäße Lagerung von Reagenzien als Teil des Kontaminationsrisikos bei Zellkulturen anführt. „Ein entscheidender Punkt ist, ob alle Reagenzien eines Mediums bei der korrekten Temperatur gelagert wurden. Eine unsachgemäße Lagerung kann zur Entstehung von Kontaminationen führen.“ Zum Thema Laborausstattung als Kontaminationsquelle bemerkt Wronski: „Zu Kontaminationen durch Laborausstattung kommt es, wenn Standardarbeitsanweisungen zu Wartung, Reinigung und Desinfektion von Geräten nicht sorgfältig festgelegt und geprüft wurden, was Kontaminationen zusätzlich begünstigt.“ Umwelteinflüsse sind ein weiterer Grund für Kontaminationen, zu denen auch das Laborpersonal und eine ungeeignete Klimatisierung beitragen. „Als Mensch benötigen wir symbiotische Mikroben auf unserer Haut, können jedoch ungewollt auch ansteckende Krankheitserreger übertragen. Über unsere Kleindung und sogar unter den Schuhsohlen tragen wir Sporen in das Labor.

Ein interessanter Aspekt beim Thema Zellkulturkontaminationen ist auch die Jahreszeit, vor allem in Bezug auf Pilzbefälle. „Manche Menschen haben verschiedene Allergien und Atemwegsbeschwerden aufgrund von Pilzsporen, und diese Sporen befinden sich in der Luft. Schimmel kann sich unter feuchten Bedingungen nahezu überall ausbreiten.“ Wronski fährt fort: „Es gibt bestimmte Hauptzeiten für Pilzsporen in der Luft zu unterschiedlichen Jahreszeiten und in unterschiedlichen Regionen. In Europa ist die Hauptsaison für Pilzsporen in der Luft normalerweise zwischen Juni und August mit einigen starken Tagen im September. Trotzdem können das ganze Jahr über Pilzsporen über uns und die Klimaanlage ins Zellkulturlabor gelangen.“ Um diesen Risiken angemessen zu begegnen, hält Wronski eine gezielte Risikobewertung und sinnvolle Präventionsmaßnahmen durch Laborleitung und Mitarbeiter für unerlässlich.

Bewertung des Kontaminationsrisikos bei Zellkulturen

Um das Risiko für Zellkulturkontaminationen zu beurteilen, gibt es verschiedene Ansätze, denn jedes Labor ist anders und benötigt ein eigenes Vorgehen. Wronski erklärt: „Um angemessene Maßnahmen zu ergreifen, muss allgemein ein risikobasierter Ansatz verfolgt werden. Dabei werden schrittweise Untersuchungsverfahren festgelegt, um mögliche Kontaminationsquellen zu bestimmen. Diese Untersuchung muss sehr systematisch erfolgen.“ Aus diesem Grund sollten Labormitarbeiter alle Arbeitsschritte unbedingt genau erfassen, damit mögliche Kontaminationsquellen gezielt eingegrenzt werden können. So haben zum Beispiel auch Laborausstattung, sterile Arbeitstechniken und der Umgang mit Verbrauchsmaterialien und Reagenzien Einfluss auf Zellwachstum und Zellgesundheit.

Laut Wronski „ist es wichtig, sich sehr genau anzuschauen, wie jeder Gegenstand in der Kette im Alltag genutzt wird. Nutzt jeder Mitarbeiter im Labor genau die gleichen Geräte und Tools? Hierzu zählen unter Umständen auch Tiefkühlgeräte, CO2-Inkubatoren, Zentrifugen, Tanks mit Flüssigstickstoff und Pipetten. Wenn Pipetten zum Beispiel nicht korrekt desinfiziert und regelmäßig gewartet werden, können sie das Problem durch Verbreitung von Kontamination noch verstärken. Auch Wasserbäder, die nicht sachgemäß gewartet werden, können eine erhebliche Kontaminationsquelle sein.“ Im Fall von CO2-Inkubatoren sollten diese nicht gegenüber des Laboreingangs oder der Klimaanlage aufgestellt werden, da sonst bei jeder Öffnung des Inkubators Luftströme mit Staub und Mikroben in die Kammer gelangen und das Risiko einer Zellkulturkontamination und Gefährdung der Versuchsergebnisse erhöhen können.

Ein neuer Blick auf die Laborausstattung

Viele Mitarbeiter in Wissenschaft und Forschung sind sich nicht bewusst, dass die Wahl der Laborausstattung möglicherweise direkten Einfluss auf das Zellwachstum und die Zellgesundheit hat. „Die individuelle Gerätespezifikation und Leistung wirkt sich unmittelbar auf das Wachstum und die Lebensfähigkeit der Zellen aus. Auch allgemeine Laborgeräte wie Zentrifugen, Sicherheitswerkbänke und CO2-Inkubatoren spielen eine Rolle“, erklärt Wronski. So haben bei CO2-Inkubatoren zum Beispiel alle Parameter wie Temperatur, CO2-Begasung und Feuchtigkeit Einfluss auf die Zellgesundheit. Der Inkubator muss die Bedingungen des Körpers, aus dem die Zellen stammen, originalgetreu nachbilden, besonders bei Primärzellen. „CO2-Inkubatoren müssen einheitliche Umgebungsbedingungen bieten, da Zellen schon auf kleinste Umweltveränderungen reagieren“, so Wronski. Darum bedeuten Abweichungen im Inkubator auch unkontrollierte Zellveränderungen und damit ungenaue Versuchsergebnisse. „Viele innovative Funktionen können heute im CO2-Inkubator für konstante Parameter sorgen.

Außerdem sollten Benutzer auf die Art der Sensoren im CO2-Inkubator sowie einen integrierten, geschützten und fassungsstarken Wassertank achten. „Ein weiteres wichtiges Merkmal sind hochwertige Sensoren wie Infrarotsensoren, die den CO2-Gehalt genau angeben und überwachen.“ Wronski fährt fort: „Früher habe ich viel mit CO2-Inkubatoren gearbeitet, die einen einfachen Einschubbehälter als Wassertank hatten. Sie waren jedoch immer anfällig für Kontaminationen, weil das Wasser Luftkontakt hatte. Heute sind geschützte Wassertanks erhältlich, und in Kombination mit einem Luftstromsystem lassen sich einheitliche Umgebungsbedingen erreichen, in denen die Zellen gut gedeihen. Gleichzeitig wird die Arbeit vor Kontaminationen geschützt. Viele neue Technologien machen das Leben leichter und schützen die Gesundheit der Zellen“, erklärt Wronski.

Die von Wronski beschriebenen Faktoren können zu einer schnellen Wiederherstellung aller kritischen Parameter beitragen, um konstante Konditionen zu gewährleisten, besonders, wenn hypoxische Bedingungen erforderlich sind. „Ohne leichte Luftzirkulation können sich verschiedene Gase in der Kammer nicht gleichmäßig verteilen. In der Folge erhalten Zellen auf unterschiedlichen Einlegeböden nicht die gleiche Menge Sauerstoff oder CO2. Gerade empfindliche Zellen können darunter leiden und liefern keine reproduzierbaren Ergebnisse.

Einfache Reinigung der Laborausstattung?

Auch wenn es banal erscheint, sollte darauf geachtet werden, ob die Laborausstattung einfach zu desinfizieren und regelmäßig zu reinigen ist. „Achten Sie darauf, dass Ihre Ausstattung für die verschiedenen Arten von Wirkstoffen und Desinfektionsmitteln geeignet ist, die Sie verwenden möchten, damit es gar nicht erst zu Kontamination kommt. Manche CO2-Inkubatoren bestehen z. B. zu 100 % aus reinem Kupfer wie der Thermo Scientific™ Heracell™ VIOS™ CO2-Inkubator. Es gibt zahlreiche offizielle Studien zu den antimikrobiellen Eigenschaften von Kupfer“, bemerkt Wronski. „Man muss hier jedoch vorsichtig sein. Viele Hersteller machen große Werbeversprechen mit geringeren Kupferanteilen in der Legierung. Die antimikrobielle Wirkung wird dadurch jedoch verringert. Ich möchte wirklich jedem nahelegen, sich selbst umfassend zu all diesen Faktoren zu informieren. Viele Arbeitsabläufe im Labor können dadurch vereinfacht werden, und für die Reinigung bedeutet dies, dass die Reinigungshäufigkeit im Alltag gesenkt werden kann.

Bei CO2-Inkubatoren und Sterilisationszyklen gibt es bewährte und validierte Methoden zur Senkung der Zellkulturkontamination. „Ich empfehle, immer darauf zu achten, dass die Sterilisationszyklen nach aktuellen Pharmakopöe-Standards getestet und validiert sind. Bei näherer Betrachtung führen nämlich nicht alle Hersteller eine umfassende Testung und Validierung der Funktionen gemäß den Anforderungen der 10. Ausgabe der Europäischen Pharmakopöe durch. Viele Anbieter validieren die Zyklen nicht umfassend und bieten nicht die ausreichende Menge an Daten mit allen erforderlichen Positiv- und Negativkontrollen und korrekten biologischen Indikatoren, wenn sie Validierungen durchführen. Darum sollte man als Forscher bei Gebrauch solcher Inkubatoren selbst gut informiert sein, um wertvolle Zellkulturen zu schützen“, rät der Experte.

Auch wichtige Laborausstattung, die in so gut wie allen Laboren zur Zellverarbeitung verwendet wird, sollte nicht außer Acht gelassen werden. Dazu zählen unter anderem Zentrifugen. Die Scientific™ Sorvall™ X4 Pro ist ein Beispiel für eine Zentrifuge, die dank neuer Technologie einen schnellen Rotorwechsel ermöglicht und dadurch die Desinfektionsdauer des Geräts verkürzt und Arbeitsabläufe erleichtert. „Ich weiß noch, wie die Arbeit mit Zentrifugen früher aussah: Der Rotor ließ sich nicht ohne Weiteres nach jedem Schleudergang abmontieren und der Innenraum nicht effektiv desinfizieren. Heute geht das alles viel schneller.“ Zum Thema Sicherheitswerkbänke bemerkt Wronski: „Manche Sicherheitswerkbänke wie die Thermo Scientific™ Herasafe™ 2030i CTS-Reihe verfügen über verschiedene Funktionen, bei denen sich das nach vorne klappbare Fenster nun vollständig öffnen lässt. So kann jeder Teil der Werkbank schnell und effektiv gereinigt und desinfiziert werden. Manche Hersteller machen sich wirklich Gedanken, wie sie Dinge vereinfachen und uns das Leben erleichtern können.

Die Zellgesundheit fördern

Wronski beobachtet, dass „sich die Zellkultivierung heute immer mehr verlagert, weg von etablierten Zelllinien, die seit Jahrzehnten im Labor gezüchtet werden. Um noch präzisere und genauere Versuchsergebnisse zu erzielen, müssen wir wegkommen von diesen Zelllinien und verstärkt Primärzellen nutzen, die direkt aus dem menschlichen Körper stammen.“ Diese Zellen sind sehr empfindlich und erfordern eine komplexe Handhabung, können jedoch auch Körperbedingungen besser nachbilden und den menschlichen Körper genauer darstellen. „Die Sauerstoffkonzentration im Körper von Mensch und Tier ist eigentlich viel niedriger als in der Atemluft. Der Sauerstoffgehalt der Luft beträgt 20 %, aber im Gewebe schwankt die Konzentration je nachdem, wie nah die Zellen an Lunge oder arteriellem Blut sind. Das Mikroumfeld für Primärzellen richtet sich also nach ihrer Position im Körper“, erklärt Wronski. „Daher repräsentiert die Zellkultivierung bei niedrigem Sauerstoffgehalt besser die Bedingungen im Körper, insbesondere bei Primärzellen. Das ist auch der Grund für die Entwicklung dreigasiger Inkubatoren, die durch eine Beeinflussung der Sauerstoffkonzentration mittels Stickstoff eine künstliche Atmosphäre erzeugen können.

Dass Kontamination viele wertvolle Zellen und Versuche schädigen und ganze Versuchsreihen zum Erliegen bringen kann, ist kaum verwunderlich. Für Labore ist dies nicht selten mit erheblichen finanziellen Verlusten verbunden. Wronski fasst zusammen: „In der Forschung müssen [kontaminierte] Zellen verworfen werden. Dann steht man wieder ganz am Anfang. Das kann kostspielig sein und für Forschungslabore, denen nur ein begrenztes Forschungsbudget zur Verfügung steht, schnell zum Problem werden.“ Daher sind angemessene Maßnahmen zur Reduzierung von Zellkulturkontaminationen unerlässlich, um wertvolle Proben und Finanzen zu schützen. Glücklicherweise gibt es, wie oben aufgeführt, viele Möglichkeiten, das Kontaminationsrisiko für Zellkulturen zu senken. Wronski empfiehlt Forschern, sich selbst gründlich über die geeignete Laborausstattung und Vorgehensweise zu informieren, um hochpräzise und kontaminationsfreie Ergebnisse zu erzielen.

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