Erstmals Pflanzenwuchs in Mondboden – Landwirtschaft im Weltraum erscheint möglich

Von Mark Miller.

Forscher des Instituts für Lebensmittel und Agrarwissenschaften der University of Florida sind die ersten, die es geschafft haben, Pflanzen im Mondboden zu züchten. Die Bodenproben wurden von den Apollo-Missionen mitgebracht. Die im Labor gezüchteten Pflanzen sind Teil des ambitionierten Artemis-Programms der NASA  (National Aeronautics and Space Administration) und ein Meilenstein in der Erforschung des Wachstums von Pflanzen und Nahrung auf dem Mond und im Weltraum.

Wachsen unter schwierigen Bedingungen

Monderde ist eine schwierige Wachstumsumgebung für Pflanzen. Laut dem Artikel in der Fachzeitschrift Science News ist Mondboden, auch Regolith genannt, eine Art feiner Staub, in dem sich viel metallisches Eisen befindet, das sich, anders als oxidiertes Eisen, ungünstig auf das Pflanzenwachstum auswirkt. Regolith enthält zudem sehr feine Glasscherben die durch einen kontinuierlichen Einschlag von Mikrometeoriten auf dem Mondboden entstehen. Wenig enthalten sind dagegen Nitrogen, Phosphor und andere Nährstoffe.

Das Forschungsteam entschied sich für Samen der Acker-Schmalwand oder Arabidopsis thaliana für die Wachstumsversuche unter diesen widrigen Bedingungen. Die Pflanze ist verwandt mit dem indischen Senf und anderen Kreuzblütlern wie Brokkoli und Blumenkohl. Die Acker-Schmalwand, eine kleine, zähe Pflanze, die einfach anzupflanzen ist, dient auch in verschiedenen Studien der Pflanzenwissenschaften als Modellorganismus, so dass das Erbgut der Pflanze bereits sehr gut erforscht ist.

Das Team kombinierte Acker-Schmalwandsamen und Wasser mit einem Gramm Bodenprobe pro Pflanze, die bei den Apollo-Missionen 11, 12 und 17 gesammelt wurden. Die Pflanzen wurden in Terrarienbehältnissen unter LED-Lampen in einem Reinraum platziert. Die Forscher pflanzten auch Kontrollproben in terrestrischer Vulkanasche und fügten allen Proben täglich eine Nährstofflösung hinzu.

„Nach zwei Tagen fingen sie an zu keimen!“ sagte Anna-Lisa Paul, PhD, Professorin für Gartenbauwissenschaften an der University of Florida und Mitglied des Forschungsteams, siehe unter den Bericht der NASA. „Alle Samen keimten. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie erstaunt wir waren! Alle Pflanzen – ob in einer Mondprobe oder Kontrollprobe – sahen bis zum 6. Tag identisch aus.“

"Alle Samen keimten. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie erstaunt wir waren!"

Besserer Boden besseres Pflanzenwachstum

Wie aus der Aussage von Dr. Paul zu schließen ist, entwickelten sich die Pflanzenproben jedoch unterschiedlich gut weiter. Nach ungefähr einer Woche verlangsamte sich das Wachstum der Mondproben. Sie hatten verkümmerte Wurzeln und Blätter und eine ungesunde rötliche Pigmentierung.

Um zu verstehen, was passiert ist, führte das Team Genanalysen durch und untersuchte die Ribonukleinsäure (RNA) der im Mondboden gewachsenen Pflanzen. RNA wandelt Informationen der Desoxyribonukleinsäure (DNA) in Proteine um, die für viele der biologischen Prozesse in einem lebenden Organismus verantwortlich sind. Die Untersuchung der RNA-Sequenzen der Pflanzenzellen ergab, dass die Acker-Schmalwand so reagierte wie in Umgebungen, in denen der Boden zu viel Salz oder Schwermetalle enthält.

Am schlechtesten gediehen Pflanzen auf Bodenproben, welche die Apollo-Mission 11 zur Erde gebracht hatte, vielleicht, weil diese aus dem Mondmeer (Mare Tranquilitas) stammen, siehe dazu NBC News story. Es wird vermutet, dass die Mondoberfläche dieser Region älter ist und höherer kosmischer Strahlung und stärkerem Sonnenwind ausgesetzt war.

Das Wissen über die Korrelation zwischen dem Alter des Mondbodens und dem Pflanzenwachstum könnte zukünftigen Mond-Gärtnern bei der Auswahl der Bodenproben helfen. Außerdem kann eine solche Information auch für die Auswahl der Pflanzen, die besser auf Monderde gedeihen, hilfreich sein. „Vielleicht können Spinatpflanzen, die in salzhaltigem Boden gedeihen, in Mondregolith problemlos wachsen“, äußerte sich Dr. Paul im Magazin Science News.

Ein kleiner Schritt

Auch wenn die Pflanzen in den Mondproben nicht so gut wuchsen wie in der Vulkanasche, sind die vorliegenden Ergebnisse ein wichtiger Schritt für die Erforschung der Rolle des pflanzlichen Lebens bei der wissenschaftlichen Untersuchung und Besiedlung des Weltraums.

Pflanzen können als Modellorganismen zur Erforschung der Gravitation, Strahlung und anderer biologischer Phänomene im Weltraum dienen, siehe dazu den Aufsatz, den das Team der University of Florida in Nature veröffentlichte. Dieser geht auf die Rolle der Pflanze bei der Erforschung der Anpassung biologischer Organismen außerhalb der Erdatmosphäre und ihre Rolle als Nahrungs- und Sauerstoffquelle für Astronautinnen und Astronauten im Weltraum und sogar auf extraterrestrischen Böden ein. Die Verwendung von Mondregolith könnte eine deutlich praktikablere Lösung sein als der Transport von ausreichend Wasser für eine hydroponische Landwirtschaft

Zurück ins All

Die Arbeit der University of Florida ist eine Fortführung der von der NASA begonnenen Untersuchungen. Im Verlauf ihrer Missionen brachten die Apollo-Besatzungen insgesamt 842 Pfund (ca. 382 kg) Mondgestein und Bodenproben mit zur Erde. Dieses Material kann für die Pflanzenforschung genutzt werden. „Und nun, 50 Jahre später, vollenden wir Experimente, die wir bereits nach unserer Rückkehr von den Apollo-Missionen in den Laboren begonnen hatten“, sagte Robert Ferl, PhD, ein weiteres Mitglied des Teams der University of Florida, im NASA-Bericht.

Die Forschung spielt eine zentrale Rolle für den Erfolg des Artemis-Programms, dessen Ziel es ist, wieder Astronauten für einen längeren Zeitraum zum Mond zu schicken. Letztlich dienen die Mondmissionen als Sprungbrett für die Erforschung des Mars durch den Menschen.

Mark Miller ist Autor bei Thermo Fisher Scientific.

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